I. Verbraucherinsolvenz- / Regelinsolvenzverfahren
Die erste wichtige Unterscheidung betrifft die Frage, welche Verfahrensart einschlägig ist, da hiervon abhängt, welche formellen Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um einen Insolvenzantrag zu stellen. Im weiteren ist die Unterscheidung wichtig, da die öffentliche Verwaltung nur die Beratung von Verbrauchern finanziert, nicht jedoch die von Unternehmern.
1. Regelinsolvenzverfahren
a) Allgemeines
Das Gesetz geht in der Insolvenzordnung (InsO) davon aus, daß die meisten Insolvenzverfahren von Unternehmen beantragt werden bzw. von deren Gläubigern beantragt werden. Unternehmensinsolvenzen bezeichnet man daher als "Regelinsolvenzverfahren".
Hierbei kann der Unternehmer selbst einen Antrag auf Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens stellen (Eigenantrag) oder ein Gläubiger stellt einen solchen Antrag (Fremdantrag). In den meisten Fällen, in denen ein Fremdantrag gestellt wird, handelt es sich um Anträge des Finanzamtes oder von Krankenkassen, bei denen Beiträge offen stehen.
b) Verhalten bei Eigenantrag
Bei einem Eigenantrag reicht der Unternehmer die erforderlichen Antragsunterlagen nebst den erforderlichen Belegen beim für ihn zuständigen Amtsgericht ein. Hierbei ist zu beachten, daß das Gericht nur dann tätig wird, wenn die Verfahrenskosten gedeckt sind. Es wird also nach Eingang des Antrages beim Gericht durch dieses ein Gutachter bestellt, der prüfen soll, ob "Masse" vorhanden ist. Hierunter versteht man Vermögenswerte, die eingesetzt werden können, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Stellt der Gutachter fest, daß die Kosten des Verfahrens nicht gedeckt werden können, so wird "das Verfahren mangels Masse eingestellt", da das Gericht ohne Deckung der Kosten keine weitere Tätigkeit entfalten wird - hier muss also in Vorkasse gegangen werden.
Um diese Einstellung des Verfahrens mangels Masse zu verhindern, kann und sollte neben dem eigentlichen Antrag auf Eröffnung des Verfahrens zugleich ein Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten gestellt werden. Dies bedeutet, daß die Kosten des Verfahrens quasi "auf Eis" gelegt werden und nicht vorab einzuzahlen sind. Hier sind ebenfalls amtliche Vordrucke zu verwenden und die dazugehörigen Belege (Einkommensnachweise, Mietvertrag, Kontoauszüge der letzten drei Monate) in Kopie beizufügen.
Es muss unbedingt der "Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung" gestellt werden. Das Verfahren wird unabhängig von diesem durchgeführt, aber es macht natürlich wenig Sinn, ein Insolvenzverfahren zu beantragen, wenn man die Schulden hinterher immer noch zu tilgen hätte. Grund für die Erforderlichkeit der Stellung dieses Antrags ist, daß es neben dem Eigen- auch den Fremdantrag gibt und der Gläubiger beim Fremdantrag keinen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung stellen wird - der Gläubiger will ja nicht, daß der Schuldner sich seiner Verbindlichkeiten entledigt. Weiterführende Erläuterungen finden Sie unter dem Punkt "Häufig gestellte Fragen".
c) Verhalten bei Fremdantrag
Bei einem Fremdantrag erhält der Unternehmer ein Schreiben des zuständigen Amtsgerichts, welches ihm mitteilt, daß ein Gläubiger die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen gestellt hat. Das Verhalten bei einem Fremdantrag hängt davon ab, was der Schuldner erreichen will und wie er sich den weiteren Verlauf des Verfahrens vorstellt.
aa) Einverständnis mit Verfahren
Ist der Schuldner mit dem Verfahren einverstanden, da er den Betrieb sowieso einstellen will, so muss er gegen diesen nicht vorgehen.
Es ist aber wichtig, hierbei innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Diese Frist ergibt sich aus dem Schreiben des Amtsgerichts und beträgt in der Regel vier Wochen Grund hierfür ist der bereits oben erwähnte Umstand, daß der Gläubiger bei einem Fremdantrag keinen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung stellen wird. Die Restschuldbefreiung wird dem Schuldner daher nur dann erteilt werden, wenn er dies beantragt, und dies geschieht im Rahmen des vorgenannten Eigenantrags. Dieser Eigenantrag und das damit verbundene Verfahren wird mit dem Fremdantrag verbunden, so daß sich ein einheitliches Verfahren ergibt.
bb) Kein Einverständnis mit Verfahren
Ist der Schuldner nicht mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens einverstanden, so muss er gegen den Fremdantrag vorgehen. Hierbei sollte sich der Schuldner aufgrund der Komplexität der Rechtsfragen unbedingt beraten lassen, um Fehler zu vermeiden. Im Hinblick auf die Konsequenzen, die sich aus einem Insolvenzverfahren ergeben, ist eine fachkundige Beratung bei einem Fremdantrag aus hiesiger Sicht unabdingbar.
Hier soll aus Gründen der Anschaulichkeit nur eine allgemeine Konstellation wiedergegeben werden, diese Darstellung ist jedoch nicht abschließend und erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.
Die Konstellation sieht wie folgt aus: Unternehmer U ist überschuldet und sieht sich Forderungen des Finanzamtes und der Krankenkassen wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge in erheblicher Höhe ausgesetzt. Das Finanzamt stellt beim zuständigen Amtsgericht einen Antrag auf Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens, zahlt jedoch kein Geld zur Deckung der zu erwartenden Verfahrenskosten ein. Kostendeckende Masse ist nicht vorhanden. Das Finanzamt stellt keinen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung.
Das Amtsgericht schreibt nunmehr den Schuldner an und teilt diesem mit, daß ein Fremdantrag gestellt und ein Gutachter zur Ermittlung einer etwaig vorhandenen kostendeckenden Masse bestellt wurde.
Es weist den Schuldner auf die Möglichkeit der Stellung eines Eigenantrages hin und auf die Erforderlichkeit desselben zur Erlangung der Restschuldbefreiung. Der Schuldner wird desweiteren darauf hingewiesen, daß die Verfahrenskosten bisher nicht eingezahlt worden sind und es ihm freisteht, die Stundung der Verfahrenskosten zu beantragen. Es erfolgt desweiteren der Hinweis, daß ohne Deckung der Verfahrenskosten das Verfahren nicht eröffnet werden wird.
Der Schuldner entfaltet nunmehr keine Tätigkeit, sondern läßt die vom Gericht gesetzte Frist verstreichen. Stellt der Schuldner nämlich keinen Eigenantrag, zahlt er die Verfahrenskosten nicht ein und stellt er - da er keinen Eigenantrag gestellt hat - auch keinen Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten, so wird das Verfahren nicht eröffnet. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Gutachter festgestellt hat, daß keine kostendeckende Masse vorhanden ist - ist eine solche vorhanden, wird das Verfahren eröffnet werden!
Das Amtsgericht wendet sich nunmehr wieder an den Gläubiger und weist diesen darauf hin, daß der Schuldner keinen Eigenantrag gestellt hat und auch die Verfahrenskosten von diesem nicht eingezahlt worden sind. Der Gutachter sei desweiteren zu dem Schluss gekommen, daß keine kostendeckende Masse vorhanden ist.
Das Amtsgericht fordert den Gläubiger nunmehr zur Einzahlung einer kostendeckenden Masse auf. Hierbei handelt es sich um einen aus Sicht des Gerichts angemessenen Kostenvorschuss, der die Verfahrenskosten decken sollte, aber entsprechend erhöht werden kann, wenn dies erforderlich werden sollte. Es weist den Gläubiger auch darauf hin, daß das Verfahren eingestellt werden wird, wenn die Verfahrenskosten nicht gedeckt werden.
Kommt der Gläubiger dieser Aufforderung nicht nach, so wird das Verfahren durch einen Beschluss des Gerichts endgültig eingestellt. Für den Schuldner hat dies den Vorteil, daß der Insolvenzantrag nicht mehr vorhanden ist und das Verfahren nicht eröffnet wird.
Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß es sich hier nur um eine mögliche Konstellation handelt. Sollte der Schuldner keinen Eigenantrag stellen und sollte der Gutachter feststellen, daß eine kostendeckende Masse vorhanden ist, so wird das Verfahren auch gegen den Willen des Schuldners eröffnet werden - und wenn dieser innerhalb der Frist keinen Eigenantrag und damit verbunden einen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt haben, so wird das Verfahren durchgeführt werden, ohne daß die Schulden nach Abschluss des Verfahrens entfallen wären. Aufgrund des Umstandes, daß das Verfahren somit für den Schuldner mitr erheblichen Nachteilen verbunden wäre, ohne daß ihm Vorteile erwachsen würden, ist eine fachkundige Beratung unabdingbar.
2. Verbraucherinsolvenzverfahren
Beantragt eine Person, die niemals selbständig tätig war, ein Insolvenzverfahren, so bezeichnet man dieses als "Verbraucherinsolvenzverfahren". Das Verbraucherinsolvenzverfahren wurde erst vore einigen Jahren eingeführt, um auch überschuldeten Privatpersonen ein Leben ohne Schulden zu ermöglichen.
In diesem Zusammenhang kann auch dann ein Verbraucherinsolvenzverfahren vorliegen, wenn Sie ehemals selbständig gewesen sind. Voraussetzung hierfür ist dann allerdings, daß aus der ehemaligen selbständigen Tätigkeit keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen vorhanden sind und Ihnen gegenüber maximal 19 Gläubiger Forderungen geltend machen.
Der Begriff "Forderungen aus Arbeitsverhältnissen" umfaßt hierbei neben den eigentlichen Gehaltsforderungen ehemaliger Angestellter auch die Forderungen von Krankenkassen in Form der Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers für die Angestellten. Dies bedeutet, daß hier nur die Beiträge an die Krankenkasse (Krankenversicherung, Rentenversicherung, Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung) für die Angestellten erfasst werden - sollten Sie ebenfalls Rückstände bei der Krankenkasse für Ihre eigene Krankenversicherungaufweisen, so handelt es sich bei diesen Beiträgen nicht um Forderungen aus Arbeitsverhältnissen.
Forderungen aus Arbeitsverhältnissen sind daneben Forderungen des Finanzamtes in Form der Lohnsteuer und der Solidaritätszuschläge zu selbiger nebst den in diesem Zusammenhang erhobenen Säumniszuschläge, die Forderungen der Berufsgenossenschaft und Forderungen der Bundesagentur für Arbeit in Form von Insolvenzgeld, da dieses an Stelle des Gehalts geleistet wird und die entsprechenden Forderungen der ehemaligen Arbeitnehmer auf die Bundesagentur für Arbeit übergehen.
Der Umstand, daß maximal 19 Gläubiger Forderungen geltend machen dürfen, damit ein ehemaliger Unternehmer als Verbraucher behandelt werden kann, beruht auf dem Umstand, daß das Verbraucherinsolvenzverfahren überschaubar sein soll - das Gesetz spricht hier von "überschaubaren Vermögensverhältnissen". Bei einem Antragsteller, der immer Vebraucher war, können aber unzählige Gläubiger vorhanden sein, ohne daß dies schädlich wäre, nur bei ehemaligen Unternehmern erfolgt die zahlenmäßige Einschränkung. Grund hierfür ist, daß Regelinsolvenzverfahren und Verbraucherinsolvenzverfahren inhaltlich weitaus unterschiedlicher waren, als es heute der Fall ist und auch die Vergütung des zuständigen Verwalters je nach Verfahrensart unterschiedlich ausfiel. Aufgrund dieses Umstandes bezeichnete man den zuständigen Verwalter früher als Insolvenzverwalter, wenn es sich um ein Regelinsolvenzverfahren handelte und als Treuhänder, wenn es sich um ein Verbraucherinsolvenzverfahren handelte. Diese Unterscheidung gibt es heute nicht mehr, heute gibt es nur noch den Insolvenzverwalter.
Die Frage, welche Verfahrensart einschlägig ist, ermitteln wir anhand Ihrer Unterlagen und anhand Ihrer Angaben zu Ihrer ehemaligen selbständigen Tätigkeit.
a) Ablauf eines Verbraucherinsolvenzverfahrens
Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist in den § 304 ff. InsO (Insolvenzordnung) geregelt. Es sollen hier nur die grundlegenden Schritte des Verfahrens aufgezeigt werden, einzelne Fragen werden unter dem Punkt "Häufig gestellte Fragen" behandelt oder im Rahmen eines persönlichen Gesprächs geklärt.
aa) Durchführung eines außergerichtlichen Einigungsversuches
Im Rahmen eines Verbraucherinsolvenzverfahrens muss zunächst ein außergerichtlicher Einigungsversuch mit den Gläubigern durchgeführt werden. Dies bedeutet, daß zunächst sämtliche Gläubiger erfasst werden müssen, die Forderungen geltend machen / geltend machen könnten. Bitte beachten Sie, daß Sie in der Beratungsstelle sämtliche Unterlagen vorlegen, aus denen sich Forderungen bzw. Gläubiger ergeben könnten. Sie dürfen keinen Gläubiger bewußt verschweigen, da Sie hierdurch gegen die gesetzlichen Vorgaben verstoßen würden. Die Details sind aus Gründen der Übersichtlichkeit unter dem Punkt "Häufig gestellte Fragen" und unter dem Menüpunkt "Ablauf des Erstgesprächs" dargestellt.
Die erfaßten Gläubiger werden sodann angeschrieben und zur Vorlage einer aktuellen Forderungsaufstellung aufgefordert. Nach Erhalt derselben wird die Forderung in das Gläubigerverzeichnis aufgenommen. Sollte Ihr Gläubiger unserer Aufforderung nicht sofort nachkommen, so erinnern wir diesen nach Ablauf von sechzehn Tagen nach unserem Anschreiben an dieses und mahnen die Vorlage einer Forderungsaufstellung an.
Nach Erhalt der Forderungsaufstellungen vereinbaren wir mit Ihnen einen Besprechungstermin. Wir legen Ihnen in diesem Zusammenhang die aktuelle Gläubigerübersicht vor und besprechen mit Ihnen, wie ein Regulierungsvorschlag (der Schuldenbereinigungsplan) aussehen kann. Hierbei berücksichtigen wir Ihr momentanes Einkommen, die Unterhaltsverpflichtungen und den sich daraus ergebenden pfändbaren Betrag. Einzelheiten werden unter dem Punkt "Ablauf des Erstgespräches" erläutert.
Im Rahmen des Regulierungsplanes wird unsererseits darauf geachtet, daß Sie den gesetzlichen Vorgaben bezüglich des Einsatzes des pfändbaren Einkommensanteils nachkommen, gleichzeitig aber auch erreichen, daß Ihnen die Gläubiger entgegenkommen und Ihnen einen Teil der Forderung erlassen. Dies bezeichnet man als den Abschluss eines Vergleichs, bei dem beide Seiten einen Konsens erreichen, indem sie auf einen Teil der ihnen zustehenden Rechte verzichten. Konkret bedeutet dies, daß Sie einen Betrag als monatliche Rate anbieten, der über dem pfändbaren Einkommensanteil liegt, während die Gläubiger im Gegenzug auf einen Teil ihrer Forderung verzichten. Sie setzen also mehr ein, als Sie müssten, und sparen dafür am Ende etwas ein - so gewinnen beide Seiten.
Scheitert die außergerichtliche Einigung, da mindestens ein Gläubiger die vorgeschlagene Schuldenregulierung ablehnt, so stellen wir Ihnen die "Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuches" aus. Diese Bescheinigung benötigen Sie, um den Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens zu stellen. Das Gesetz sieht zwingend vor, daß diese Bescheinigung von einer geeigneten Person oder Stelle ausgestellt wird - was wiederum bedeutet, daß diese auch den außergerichtlichen Einigungsversuch, dessen Scheitern bescheinigt wird, durchgeführt hat. Das Ausstellen einer solchen Bescheinigung ohne ein Tätigwerden der geeigneten Person oder Stelle im Rahmen des außergerichtlichen Einigungsversuches ist daher nicht möglich.
bb) Stellung des Antrags beim Gericht und erste Schritte
Die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens erfolgt durch die Stellung eines entsprechenden Antrags beim für Sie zuständigen Amtsgericht. Generell ist dies das Gericht, welches für Ihren Wohnort zuständig ist, wobei es aber spezielle "Insolvenzgerichte" gibt, welche allein für die Durchführung von Insolvenzverfahren zuständig sind. Es ist also möglich, daß ein Gericht für Ihre allgemeinen Verfahren zuständig ist, ein anderes aber für das Insolvenzverfahren. Bitte informieren Sie sich vorher, welches Gericht zuständig ist, da das erstgenannte Gericht den Antrag ansonsten weiterleiten muss - und auf zusätzliche Arbeit legt keiner Wert.
Nach Eingang des Antrags beim zuständigen Gericht erhalten Sie eine entsprechende Benachrichtigung. Es wurde bereits auf die Erforderlichkeit der Deckung der Verfahrenskosten hingewiesen. Sie können den Kostenvorschuss, den das Gericht ermittel hat, einzahlen oder aber einen Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten stellen. Es empfiehlt sich, diesen mit dem Antrag auf Eröffnung des Verfahrens zu verbinden, um den Fortgang des Verfahrens zu beschleunigen.
Nach Eröffnung des Verfahrens dürfen keine Vollstreckungsmaßnahmen mehr durchgeführt werden. Dies würde ansonsten zu einer Ungleichbehandlung führen, da es quasi zu einem "Wettlauf der Gläubiger" käme, wobei derjenige gewinnt, der als erster Vollstreckungsmaßnahmen durchführt. Das Gesetz strebt aber eine Gleichbehandlung aller Gläubiger an. Zu Ausnahmen wie der Sicherungsübereignung von Fahrzeugen und der Verwertung von Immobilien beachten Sie bitte den Punkt "Häufig gestellte Fragen".
Es wird durch das Gericht ein Gutachter bestellt, der prüfen soll, ob eine kostendeckende Masse vorhanden ist. Dieser Gutachter wird später zu Ihrem Insolvenzverwalter. Dieser Insolvenzverwalter wird sich in der Regel an Sie wenden, um mit Ihnen einen Besprechungstermin zu vereinbaren, in dessen Rahmen er Ihnen erläutert, wie er sich die weitere Zusammenarbeit vorstellt und welche Pflichten Sie diesbezüglich treffen. Bitte beachten Sie, daß der Insolvenzverwalter nur dafür zuständig ist, "kostendeckende Masse" zu ermitteln und heranzuholen, nicht jedoch dafür zuständig ist, Ihnen zu helfen oder Sie zu beraten. Dies darf der Insolvenzverwalter ebensowenig wie das Gericht - wenden Sie sich bei Fragen bitte an Ihre Beratungstelle oder an die geeignete Person, welche den Antrag für Sie gestellt hat.
cc) Pflichten im Rahmen des Verfahrens
Im Verfahren selbst treffen Sie vor allem vier Pflichten, die sogenannten Obliegenheiten. Diese sind in den §§ 295 und 298 InsO geregelt.
(1) § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO verlangt, daß sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich um eine solche bemühen. Dies entspricht auch den allgemeinen Anforderungen, wenn Sie nicht berufstätig sind.
Wichtig ist die Formulierung „angemessene Erwerbstätigkleit“. Sie müssen einer beruflichen Beschäftigung nachgehen, welche Ihrer Qualifikation entspricht, damit Sie ein möglichst hohes Einkommen erzielen. Sinn ist hierbei, daß Sie sich der Erzielung pfändbaren Einkommens nicht bewusst entziehen dürfen, indem Sie bewusst einer unterbezahlten Tätigkeit nachgehen, um die Gläubiger zu benachteiligen.
Bei einer selbständigen Tätigkeit müssen Sie ein Einkommen erzielen, welches dem Einkommen entspricht, welches Sie auch im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses erzielen würden – sofern Sie im Rahmen des Angestelltenverhältnisses pfändbares Einkommen erzielen würden (§ 295 Abs. 2 InsO). Hier gilt dasselbe wie im vorhergehenden Absatz, auch hier soll es nicht zu einer Benachteiligung der Gläubiger kommen.
Es stellt einen Verstoß gegen die Obliegenheit dar, wenn Sie trotz eines entsprechenden Hinweises eines Insolvenzgläubigers auf den Verstoß gegen § 295 Abs. 2 InsO weiterhin einer selbständigen Tätigkeit nachgehen, ohne die Gläubiger so zu stellen, wie sie stehen würden, wenn Sie einer Beschäftigung als Angestellter nachgehen würden. Sie können also selbständig bleiben, müssen aber die Gläubiger – sofern Sie als Angestellter pfändbares Einkommen erzielen, was als Selbständiger nicht der Fall ist – so stellen, als wären Sie Angestellter und damit entsprechende Beträge an die Gläubiger auskehren.
(2) § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO verlangt die Herausgabe des hälftigen Wertes eines Erbes.
Hier gibt es die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen, so daß es an die nächstfolgenden Erben fällt – dies hindert den Insolvenzverwalter am Zugriff, da Sie nicht Erbe geworden sind. Eine weitere Möglichkeit wäre die Verwaltung des Erbes für den Erben im Rahmen einer Vor- bzw. Nacherbschaft (§3 2100 ff. BGB) Bitte lassen Sie sich diesbezüglich anwaltlich beraten.
(3) § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO verlangt die unverzügliche Bekanntgabe des neuen Wohnsitzes oder des neuen Arbeitsplatzes gegenüber Gericht und Insolvenzverwalter.
Grund hierfür ist der Umstand, daß das Gericht und der Insolvenzverwalter Sie jederzeit postalisch erreichen können müssen und beide müssen erkennen können, ob pfändbare Einkommensanteile vorhanden sind. Bitte benachrichtigen Sie beide (Gericht und Insolvenzverwalter) stets per Einschreiben, damit Sie einen Nachweis besitzen.
(4) § 295 Abs. 1 Nr. 4 InsO verbietet die Besserstellung eines Gläubigers gegenüber anderen Gläubigern. Sollten Sie also Zahlungen leisten, so nur aus dem pfändbaren Einkommensanteil heraus, der ohnehin durch den Insolvenzverwalter verteilt wird. Sollten Sie darüber hinaus Zahlungen leisten wollen, so müssen Sie diese auf alle Gläubiger nach der diesen zustehenden Quote verteilen. Bitte beachten Sie, daß die Treuhändervergütung steigt, wenn Gelder zu verteilen sind – und ob dies auch gilt, wenn Sie das Geld selbst verteilen, wäre dann gegebenenfalls gerichtlich zu klären…aber wer zahlt schon freiwillig, wenn er nicht zahlen muss.
(5) § 298 InsO betrifft die Deckung der Kosten des Insolvenzverwalters. Die betreffenden Kosten können nach § 4 a InsO gestundet werden und sind sodann erst nach Ablauf der Wohlverhaltensphase zu tilgen. Hier kann dann auch ein neuer Stundungsantrag gestellt werden, so daß die Kosten wiederum für mehrere Jahre nicht geltend gemacht werden. Entsprechende Anträge können durch uns gestellt werden.
Sie sollten, um die Angelegenheit innerhalb der sechs Jahre abzuschließen, jeden Monat einen Betrag in Höhe von 15,00 € zurücklegen. Dies sollte ausreichen, um die Kosten des Insolvenzverwalters zu decken. Die weiteren Kosten werden gestundet und sind damit nicht durch Sie zu tragen, aber eine gewisse Leistung sollte jeder erbringen müssen und eine Rate in Höhe von 15,00 € ist durchaus tragbar.
Bitte beachten Sie, daß bei einer Nichtdeckung der Kosten des Insolvenzverwalters die Restschuldbefreiung versagt werden kann und die Schulden dann immer noch da sein werden, auch, wenn Ihr Verfahren an sich abgeschlossen wäre!
dd) Aufhebung des Verfahrens, Wohlverhaltensphase und Restschuldbefreiung
Nach Feststellung aller Forderungen und der Verteilung der vorhandenen Masse wird das Insolvenzverfahren nach dem Schlusstermin aufgehoben. Die Einzelheiten sind sehr komplex, hier sollen nur die relevanten Punkte dargestellt werden. Zunächst gibt es im Verfahren drei Parteien: das Gericht, den Insolvenzverwalter und den Antragssteller (Schuldner). Nach Aufhebung des Verfahrens gibt es nur noch den Insolvenzverwalter und den Antragsteller. Die sich anschließende Phase nennt man die "Wohlverhaltensphase".
Hierbei setzt das Gericht den Beginn der Wohlverhaltensphase auf den Tag fest, an welchem das Verfahren eröffnet wurde - dies vor dem Hintergrund, als nur so sichergestellt werden kann, daß Verfahren immer nach sechs Jahren beendet sind. Dies ist deshalb wichtig, da manche Verfahren sich in den ersten Phasen länger hinziehen als andere und folglich die Restschuldbefreiung nicht nach sechs Jahren, sondern später erfolgen würde. Aufgrund der Tatsache, daß dies eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellen würde, wird die Restschuldbefreiung immer auf einen Punkt festgesetzt, der sechs Jahre nach Verfahrensbeginn liegt.
Nach einem erfolgreichen Abschluss der Wohlverhaltensphase, wenn der Antragsteller also gegen keine ihm obliegenden Pflichten verstoßen hat, wird ihm die Restschuldbefreiung erteilt und seine Schulden sind erloschen. Mit Erteilung der Restschuldbefreiung verlieren auch die gegen den Schuldner erwirkten Titel ihre Wirkung.